In der vergangenen Saison haben wir zum ersten Mal alle Heimspiele und zwei Auswärtsspiele des Landsberg X-PRESS live im Internet über StaigeTV gestreamt. Das ist weitaus besser gelaufen, als wir uns erträumten.
Großen Anteil an diesem Erfolg hatten auch die drei Kommentatoren, die die Spiele unserer X-Men fachkundig und emotional begleitet haben. Wer sind die drei? Julius Angerer (26) studiert im fünften Semester Eventmanagement und hat schon bei den Riverkings Erfahrungen mit der Technik machen können. Michel Keppler (25) arbeitet als Tourismuskaufmann und ist damit so sehr ausgelastet, dass er an diesem Interview leider nicht teilnehmen konnte. Und der dritte am Mikro war in der abgelaufenen Saison einer unserer Teamkapitäne: Lucas Dombo (25). Der erfahrene Radiomoderator konnte aufgrund einer Verletzung nicht auf dem Platz stehen und unterstützte Julius und Michel tatkräftig durch sein Insiderwissen.
Wir haben mit ihnen über die Erlebnisse in der Saison 2022/23 gesprochen.
Wie hat denn die ganze Geschichte mit dem Streaming angefangen?
Julius: Dafür muss ich die Vorgeschichte erzählen, denn ich habe im September 2022 beim Eishockey damit angefangen. Allerdings betreue ich da als Regisseur nur die technische Seite und kommentiere nicht. Mittlerweile bin ich stellvertretender Teamleiter beim HCL und kenne mich mit der ganzen Technik aus. Die ist wesentlich anspruchsvoller als beim X-PRESS, denn wir haben mehr Kameras und müssen Wiederholungen und Werbung einspielen. Das alles mache ich, wie auch beim X-PRESS, nach wie vor ehrenamtlich. Ich bekomme freie Getränke und eine Mahlzeit.
Welchen Bezug hattest du denn zum Football?
Julius: Ich bin durch Lucas und Michel mit dem Sport in Berührung gekommen als die seinerzeit angefangen haben Jugendfootball zu spielen. Wir sind seit der Kindheit Kumpels. Ich habe sogar auch einmal mit trainiert, mich aber direkt verletzt, und mir wurde klar, dass das vielleicht doch nichts für mich ist. Aber als Fan bin ich dem Sport immer treu geblieben. Und wir haben viel zusammen Football im Fernsehen geschaut.
Hat dich dann irgendwann unser Präsident Markus angesprochen?
Julius: Nein, das lief über den Lucas. Der Markus hatte die Idee für den Livestream und war auf der Suche nach Kommentatoren. Er hat den Teamkapitänen davon erzählt und Lucas hat Michel und mich vorgeschlagen. Das war letztes Jahr im Winter und mir war gleich klar, dass ich das machen möchte. Wir haben uns dann mit Markus getroffen und es hat direkt gepasst.
Wie ging es dann los? Habt ihr viele Testläufe gemacht?
Julius: Wir haben mal die Kamera beim Training aufgebaut und die Software getestet. Aber man muss wissen, dass der Al vom X-PRESS die Kamera schon bei einem Spiel ausprobiert hatte. Der wusste also ein bisschen wie das geht, und hat uns am Anfang geholfen. Aber das erste Mal wirklich kommentiert habe ich beim Heimspiel vom X-PRESS gegen die Amberg Mad Bulldogs.
Welches technische Setup braucht man denn für einen solchen Livestream?
Julius: Vorhanden waren die Kamera und das Stativ. Die Kamera verfügt über eine Künstliche Intelligenz (KI), so dass wir keine Kameraleute brauchen. Mit ihren sechs Linsen erkennt sie beim Football die Spielsituation und verfolgt diese dann selbständig. Die Kamera lernt immer mehr dazu und bekommt regelmäßig Updates von StaigeTV, wo wir sie gemietet haben. Im Großen und Ganzen sind wir mit der Kamera zufrieden, denn wir haben gar nicht mehr Leute zur Verfügung. Die Software kommt auch von StaigeTV. Dazu brauchen wir einen Laptop, Mischpult und unsere Headsets. Dann sind wir good to go. Der große Vorteil zum HCL ist, dass wir mit diesem Setup auch mobil sein können. Das kann man schnell auch auswärts auf- und abbauen.
Dann kam der erste Spieltag. Es war heiß, das Stadion war voll – wart ihr sehr nervös? Und konntet ihr sehen, wie viele Leute zuschauen?
Julius: Ja, ich war nervös und nein, wir konnten nicht live sehen, wie viele Zuschauer wir hatten. Aber das war vielleicht auch ganz gut so, denn wir hatten uns nicht träumen lassen, dass wir gleich beim ersten Spiel so viele Zuschauer haben würden. Tja, da saßen wir dann zu dritt und es ging los.
Lucas, du warst auch von Anfang an als „Experte“ mit am Start. Wie kam es dazu? Eigentlich bist du ja einer der Teamkapitäne und gehörst auf den Platz.
Lucas: Ich hatte mir das Kreuzband gerissen und dadurch war schnell klar, dass ich in der Saison nicht auf dem Platz stehen würde. Da ich beim Radio arbeite, bin ich mit dem Reden vertraut. Der Präsi hat ein drittes Headset genehmigt und schon war ich dabei. Wir konnten uns das Geschehen gut aufteilen, denn Michel hat früher Defense gespielt und kennt sich da gut aus. Ich komme von der Offense und kann mein Fachwissen einbringen.
Julius: Ich hatte dann also zwei Experten. Und nach zehn Minuten war die Aufregung weg und es hat einfach Spaß gemacht.
Gibt es während der Übertragung Live-Kommentare, die ihr sehen könnt?
Lucas: Ja, die gibt es, aber es kommt natürlich immer drauf an, gegen wen man spielt. Mal kommt mehr, mal weniger. Aber wir lesen sie und reagieren auch darauf. Wir sind sehr offen damit umgegangen, dass es unsere erste Saison am Mikrofon war. Also haben wir die Leute auch um ihre Meinung gebeten, damit wir uns verbessern konnten. Das Feedback war eigentlich durchweg positiv.
Julius: Beim entscheidenden Spiel gegen die Spartans hatten wir eine sehr angeregte Diskussion im Live-Chat. Wir lesen die Kommentare laut vor und reagieren dann direkt darauf. Es gibt auch viele Landsberger, die nicht mehr hier leben und die schicken dann mal Grüße von der Nordsee oder wo sie gerade sind. Dann grüßen wir gerne zurück.
Wie bereitet ihr euch auf die Spiele vor? Bekommt ihr von den gegnerischen Teams Unterstützung?
Julius: Das ist sehr unterschiedlich, wie bekommen nicht immer eine Kaderliste vom Gegner. Das ist abhängig vom Verein. Ich schreibe vorher eine E-Mail und hoffe, dass ich eine Antwort bekomme. Bei manchen klappt das besser, bei manchen schlechter. Ich freue mich über alles, was ich kriegen kann. Wenn ich frühzeitig eine Kaderliste bekomme, schaue ich mir die Spieler an und recherchiere ein bisschen. Es gibt aber auch Spiele, wo vorher gar nichts kommt und dann stehen wir da wie der Ochs vorm Berg.
Lucas: Ich habe oft noch vor dem Spiel versucht, Informationen zu bekommen und bin zu den gegnerischen Teams gelaufen. Aber manche haben einfach nichts, die sind dann mit einer Kaderliste angereist und haben sie an die Schiedsrichter abgegeben. Dann können wir im Livestream leider nur mit den Nummern arbeiten und können keine Namen nennen.
Julius: Michel hat aber immer geschaut, wie die letzten Spiele der Gegner gelaufen sind und ob sie viele Punkte gemacht haben. Und er hat den Überblick über die kommenden Spiele und die Tabellensituation.
Lucas: Ich konnte hingegen oft meine Erfahrungen mit dem Gegner schildern, wenn ich in den letzten Jahren bereits gegen ihn gespielt hatte. Also konnte ich mit einer groben Einschätzung dienen und auch was zur Performance von einzelnen Spielern sagen. Mit einigen Spielern habe ich sogar mal zusammengespielt. Der X-PRESS ist in Sachen Aktualität und Kommunikation einfach viel professioneller aufgestellt als viele andere Vereine in den Ligen. Aber wir werden versuchen, die Gegner in der nächsten Saison zum Umdenken zu erziehen.
Gibt es vom Markus oder vom Coach Gabriel eine Vorgabe, wie ihr das alles kommentieren sollt?
Julius: Nein, da kommt gar nichts, wir haben freie Hand. Wir orientierten uns ein bisschen an RAN-NFL und versuchen, so locker wie möglich zu sprechen.
Lucas: Und es soll so fair sein, wie es eben geht. Aber wir sagen auch mal, wenn eine Leistung eher nach Arbeitsverweigerung aussah. Eigentlich sind wir total locker, machen die Mikros an und los geht’s. Wir haben schon so oft zusammen Football geschaut, dass wir ein gutes Team sind.
Und dann gab es das fast schon legendäre Auswärtsspiel bei den Amberg Mad Bulldogs. Grauenhaftes Wetter, das Team musste gewinnen und ihr mittendrin. Was war da los?
Julius: Amberg arbeitet mit einem anderen Livestream zusammen. Mit denen haben wir uns vorher getroffen, aber da gingen die Vorstellungen so weit auseinander, dass wir lieber unser eigenes Ding machen wollten. Wir saßen dann hinter unserer Teamzone auf der Freitribüne. Da gab es einen Sicherungskasten, wo wir Strom zapfen konnten. Dann schlug das Wetter zu und wir haben einen Pavillon vom Team bekommen, so dass die Patricia im Regen stehen musste, aber wir mussten ja unser Equipment schützen. Wir haben dann mit einer Hand unser „Dach“ festhalten, damit es der Sturm nicht wegbläst. Schließlich standen sogar noch einige Landsberger Fans um uns herum, die sich auch schützen wollten. Ich konnte fast nichts mehr vom Spiel sehen. Aber wir haben es zu Ende gebracht und schließlich die Meisterschaft gefeiert.
Soll sich nächste Saison was ändern? Lucas wird ja hoffentlich wieder spielen und steht als Experte nicht mehr zur Verfügung.
Julius: Michel und ich werden wieder loslegen, aber wir möchten zu besonderen Anlässen immer mal einen Gast dazu holen. Ehemalige Spieler, verletzte Spieler, aber gerne auch mal jemand von der gegnerischen Mannschaft. Wir wollen viel Abwechslung reinbringen. Das ist so der grobe Plan fürs nächste Jahr.
Lucas, wirst du es vermissen, wenn du nicht mehr kommentieren kannst?
Lucas: Ja, schon ein bisschen. Aber jedes Mal, wenn ich da oben saß und zuschauen musste, habe ich mir in den Arsch gebissen, denn ich wäre in jeder Sekunde lieber auf dem Feld gestanden. Ich will unbedingt wieder auf dem Platz dabei sein.
Dann kommen wir mal zu den Zahlen. Mit wie vielen Zuschauern hattet ihr beim ersten Spiel gerechnet und wie viele waren es dann letztendlich?
Lucas: Wir hatten gesagt, wenn wir um die 100 Zuschauer haben, wären wir zufrieden.
Julius: Und dann haben wir gesehen, dass wir um die 1.300 Zuschauer im Stream hatten. Das habe ich erst nicht geglaubt. Wir haben natürlich den Vorteil, dass unser Stream kostenlos ist. Aber die Zahlen waren über die ganze Saison sensationell stabil. Wir haben ausgerechnet, dass wir beim entscheidenden Heimspiel gegen die Spartans insgesamt knapp 3.000 Zuschauer hatten. Also im Stadion und im Stream. Und selbst beim letzten Auswärtsspiel in Amberg hatten wir über 1.000 Zuschauer, obwohl es noch den anderen Stream gab. Es soll auf jeden Fall kostenlos weiterlaufen, aber nun dürfte der Stream auch für Sponsoren attraktiv sein. Und es gibt noch viel Steigerungspotenzial, denn auch viele Gegner wissen noch gar nicht, was wir hier machen und wie man das bewerben kann.
Lucas: Diese Zahlen waren aber auch nur deshalb so gut, weil das Team so geil gespielt hat. Ohne die Performance der Mannschaft, hätten niemals so viele Menschen zugeschaut.
Julius, Lucas, wir bedanken uns für das Gespräch und freuen uns auf die nächste Saison mit euch.
Text & Fotos: Dietrich Limper